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Fragen des OLC-Magazins an Sigi Baumgartl

“Sigi Baumgartl - Rekordflieger und Visionär”, OLC-Magazin 17. März 2012

F: Kannst Du eine Kurzbiografie Deiner fliegerischen Karriere geben?  

- 1962 bis 1965: Segelflugausbildung, Gold-C, Segelfluglehrer in Werdohl /BRD 
- 1968: Deutscher Rekord Doppelsitzer-Zielflug über 520 km mit Ka 7  
- 1972 Weltrekord Doppelsitzer-Zielflug über 714 km mit Ka 13  
- 1974 1000-km Diplom (mit ASW 17 Deutschland/Frankreich und das Dritte in Europa) 
- 1978 Weltbestleistung eines angemeldeten Dreiecksfluges über 800 km, geflogen in Deutschland (Einladung in das  Aktuelle Sportstudio des ZDF)  
- 1991 und 2006 Gewinner des Baron-Hilton-Cup   
- 2011 6500 Flugstunden

Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft seit 1975 während 28 Jahre bis 2011

Rekorde:
- Drei Weltrekorde (ein Rekord current valid)   
- 14 Deutsche Rekorde (fünf Rekorde current valid)   
- 10 Deutsche Bestleistungen (eine Bestleistung current valid)

Meisterschaften und internationale Wettbewerbe:   
- Mehrmaliger Landesmeister von Nordrhein-Westfalen   
- 40 Jahre Teilnahme an allen 20 DM‘s, mehrmals Deutscher Vizemeister 
- Fünf Teilnahmen an EM‘s mit den Plätzen 3, 3, 4, 8 und 16  
- Internationaler Belgische Meister, 3. Platz Australische Meisterschaft
  
- Erste drei Plätze bei den internationalen Wettbewerben in Angers, Dinslaken, Lüsse, 
- Hockenheim und Hahnweide    
- Südafrikanischer Online-Contest-Champion 2008   
- Worldwide bester Online-Contest-Flug 2008 über ein FAI-Dreieck

Auszeichnungen:     
- Drei silberne Ehrenteller des DAeC für hervorragende luftsportliche Leistungen 
- Golden Dädalus-Medaille als höchste Auszeichnung des deutschen Luftsportes

Ehrenamtliche Tätigkeiten:
Segelfluglehrer ab 1965, Mitglied in DAeC-Kommissionen, Landestrainer ab 1987, Landesstützpunktleiter ab 1987, Vereinsvorsitzender und Vereins-Cheffluglehrer

Schriftliche Veröffentlichen: Autor von 12 Artikeln über Segelfliegen in „Luftsport“, „aerokurier“, „Fliegermagazin“, „Soaring“ und verschiedenen Vereinsmagazinen

Referent von Vorträgen bei DAeC-Segelfliegertagen, DAeC-Weiterbildungen, OLC-Symposium, den Segelflugverbänden und Zentren in Holland, Belgien und Namibia

Veranstalter und Referent von seit 1978 jährlich stattfindenden Seminaren über Streckensegelflug

F: Was macht für Dich den Reiz am Streckenfliegen aus?

Die Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Dabei wanderte er über die Erde und befuhr die Meere. Aber in acht Millionen Jahren seiner Entwicklung war es ihm nicht möglich, sich vogelähnlich durch die Luft fort zu bewegen. Jetzt kann der Mensch fliegen. Der Segelflieger kommt dabei dem Vorbild der Natur besonders nah, indem er mit den Elementen der Natur und ohne eigene Energie seinen Urtrieb nach örtlicher Veränderung erfahren kann. Hinzu kommt noch der Reiz der erlebten dritten Dimension.

Mag dieser Teil des Streckenflugerlebnisses den Piloten emotional mit Freude erfüllen, so ist ein zweiter Teil rational dominiert und gibt ein Gefühl der Zufriedenheit und des Erfolges. Er besteht aus der optimierten Koordination von Wissen, Beobachten, körperlicher Kondition sowie Selbstkontrolle des Piloten über einen, manchmal sehr langen Flug mit einer sicheren Landung im erstrebten Ziel.

Ein dritter Teil des Reizes kann entstehen, wenn der Streckenflug als Vergleich der segelfliegerischen Leistung zu anderen Piloten gesucht wird.

F: Gibt es eine Leistung auf die Du persönlich besonders stolz bist?

Im Jahre 1991 habe ich zum ersten Mal den Barron-Hilton-Cup gewonnen. Ich flog ein angemeldetes 915-km FAI-Dreieck mit Wendepunkten südöstlich Hannover, westlich Bayreuth und Grefrath mit Start in Dinslaken. Ich flog eine LS6a mit einer Flächenbelastung von nur 42 kg/m2, ohne Mückenputzer und ohne GPS. Es war gleichzeitig eine neue deutsche Bestleistung, die heute, nach 21 Jahren, noch gültig ist.

F: Welche Deiner Siege, Rekorde sind besonders nennenswert aus Deiner Sicht?

Meine Teilnahme an der ersten Europameisterschaft, die 1982 in Rieti/Italien stattfand, finde ich aus meiner Sicht nennenswert aus verschiedenen Gesichtspunkten. Es war meine erste Qualifikation zu einer internationalen Meisterschaft. Dazu kam, dass es die erste Segelflug-EM überhaupt war, und ich gemeinsam mit zwei Sportsfreunden ihre Einrichtung initiiert hatte. Unsere wesentlichen Argumente für eine EM waren, dass rund 90% aller Segelflieger weltweit in Europa leben und somit die Kosten und Wege der Piloten im Rahmen der ohnehin in Europa ausgerichteten internationalen Wettbewerbe bleiben. Wir konnten auch zeigen, dass sich bei einer EM im Mittel 18 gegenüber einer WM im Mittel 23 Nationen beteiligen werden. Dennoch konnten wir kein Gehör bei unserem Sportverband finden. Glücklicherweise waren es dann benachbarte Nationen, wie Holland und Belgien, die sich unserer Initiative anschlossen und den erforderlichen und erfolgreichen Antrag bei der IGC stellten.

Ein weiterer Sieg für mich war, dass ich mein Unbehagen durch mentale Vorbereitung überwunden habe, im Rahmen einer EM zu fliegen mit einem nicht einfach zu fliegenden Flugzeug, wie dem dritten Exemplar der ASW 22, in den mir fremden Abruzzen, die wegen ihrer großen Unfallhäufigkeit bei Wettbewerben bekannt waren. Deshalb ist der dritte Platz der ersten Segelflug-EM für mich ein schöner und erinnerungsreicher Sieg, der zu dem durch gutes Miteinander mit meinen Teampartnern begleitet war.

F: Was ist das für ein Gefühl einen Rekord nach dem anderen zu jagen?

Rekorde aufstellen zu wollen ist zwiespältig, weil damit eine bestehende Bestleistung „ausgelöscht“ wird. Es bedarf eines kämpferischen Elementes und überschwänglicher Begeisterung darüber hinwegzusehen. Hilfreich dabei ist, wenn zu dem Rekordhalter keine Beziehung besteht. Wie so oft bei sich wiederholenden Vorgängen, verlieren sich später hinderliche Gedanken.

Rekorde werden motiviert durch die Neugier, wie ein Rekord zustande kommt und durch die Freude Ideen zu haben, wie ein Rekord überboten werden kann. Hinzu kommt das Streben nach Anerkennung, das individuell mehr oder weniger vorhanden ist. Rekorde führen zu neuen Erkenntnisse und vergrößern die Erlebniswelt. Bestleistungen wirken motivierend auf die Allgemeinheit. Ich hörte von anderen Piloten, dass meine Flüge inspirierend für eigene Ziele waren. Insbesondere dann, wenn darüber analysierend berichtet wurde.

„Rekorde jagen“ ist weniger ein Gefühl als mehr eine sich gestellte Aufgabe, die ein positives Lebensgefühl mit Neugier zu den Ereignissen gibt, aber auch Zwänge und Enttäuschungen mit sich bringt. Gewinnbringend ist die dabei auferlegte Disziplin und Zielstrebigkeit, der sich der Akteur unterwirft. Das betrifft die Planung, die entsprechende Lebensweise und nicht zuletzt die Durchführung eines Rekordfluges.

Natürlich überkommt einem ein großes Gefühl der Freude, Zufriedenheit und Entspannung nach einem Rekordflug. Aber es bildet sich auch zuweilen Leere oder, wie man sagt, das Loch nach dem Erfolg. Rekorderfolge drängen zu weiteren Rekorden. Der Reiz wird durch die positiven Erfahrungen verstärkt. Weitere Rekorde vermehren das Wissen und die Routine eines Piloten. Beides möchte man dann nicht ungenutzt lassen.

F: Worauf legst Du bei Deinen Flügen am meisten wert?

Ein Flug besteht einer großen Menge von Teilmengen. Ich könnte keinen Teil hervorheben. Ich plane meine Flüge ausführlich, soweit es die Umstände zulassen. Planung gibt Vorfreude, ist motivierend und Teil des mentalen Trainings. Ich benutze Checklisten für die Planung, vor dem Flug, vor dem Start, mehrere Listen während des Fluges, vor der Landung und nach dem Flug. Checklisten stimmen mich ruhig und geben mir Sicherheit im Handeln und schaffen Freiräume beim Denken.

F: Was ist für Dich das schönste Fluggebiet? Afrika?

Was ist ein Fluggebiet und wie sollte man es definieren? Wie groß darf es sein? Soll es schön sein im Sinne von schöner Landschaft, schönem bzw. interessanten Wetter oder einer möglichst großen Streckenlänge bzw. Geschwindigkeit?

In den semiariden Zonen der Erde, die sich zwischen dem 30. und 40. Breitengrad befinden, wurden die größten thermisch geflogenen Segelflugleistungen erreicht. Das sind die Segelflug-Eldorados in Mexico bis Arizona/USA, Teile von Südafrika, Namibia, Teile von Australien und wahrscheinlich die nördliche Sahara.

Ich, als Segelflieger, bevorzuge Europa wegen der Vielseitigkeit der Segelfluggebiete und ich habe das Glück hier zu leben.

F: Deine Außenlandung, ich glaube 2005, in einer Pfanne in Afrika: wie war das? Was geht einem durch den Kopf?

Ich bin in Südafrika und Namibia bisher nicht außen gelandet, obwohl ich dort über zehn Jahre, jeweils in einer Zeit von vier Wochen, ganztägige Streckenflüge unternahm. Den Grund für diese Bilanz sehe ich in meinem großen Respekt vor einer Außenlandung in diesen Gebieten. Im Vergleich zu Deutschland ist eine Außenlandung in Afrika viel weniger wahrscheinlich wegen der höheren Thermikbasis (um 3 km) und besseren Sicht (um 100 km am Boden und 200 km in der Luft). Außenlandungen entstehen dort vorwiegend durch fehlerhafte Planung während des Fluges und die Bereitschaft zum Risiko im Sinne einer besseren Flugleistung.
 

F: Gibt es für Dich ein Motto beim Fliegen und wenn ja, verrätst Du uns das abschließend?

  • Vorausschauendes Handeln nach der römischen Erkenntnis „Was Du auch tust, tue es klug und bedenke das Ende“. Damit wird Sicherheit und Freude beim Fliegen gewonnen.
  • Ein möglichst großes Wissen verschaffen nach Wolfgang Goethe „Was Du nicht kennst, das siehst Du nicht“
  • F: Welche fliegerischen Ziele  möchtest Du noch meistern?

Segelfliegen im Allgemeinen und als Sport ist aus meinem Verständnis ein interdisziplinäres Fach, in das eine besonders hohe Zahl von Disziplinen eingeschlossen ist. Dieses Fach gilt es zu dokumentieren, die Dokumentation zu erhalten, mit neuen Erkenntnissen und Ideen zu erweitern und, das ist wichtig, anderen nahe zu bringen. Ich habe bisher versucht, daran mit meinen Mitteln mitzuarbeiten. Das versuche ich auch weiterhin und sehe darin eine Art fliegerischer Ziele.

Segelfliegen muss Freude geben, sicherer werden und bei sportlichen Vergleichen muss noch mehr Chancengleichheit und Fairness herrschen. Damit könnte unser Segelflugsport an Attraktivität gewinnen. Das sind weitere fliegerische Ziele mit denen ich mich im Rahmen meiner Möglichkeiten in unserem Sportverband beschäftige, und die ich auch gerne meistern würde.

Der Link zur OLC- Magazin Seite ......hier

1972: Sigi Baumgartl und Walter Schewe: Weltrekord im Zielflug, Doppelsitzerklasse, mit Ka13 von Dinslaken/Deutschland nach Angers/Frankreich über 714 km

1986: EM in Mengen und dritter Platz bei der Preisvergabe durch Verteidigungsminister Wörner, dem späteren NATO-Generalsekretär

1978: Einladung mit ASW 17 in das Aktuelle Sportstudio des ZDF anlässlich der Weltbestleistung über einen angemeldeten 800 km Dreiecksflug, der in Deutschland geflogen wurde, LD bedeutet LSV Dinslaken

2006: Sigi Baumgartl vor der ihm gewidmeten Palme in Bitterwasser/ Namibia für den Weltrekord mit 156 km/h über ein 750 km FAI-Dreieieck in der Klasse bis 15 Meter Spannweite